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Mit Kaufentscheiden ein bisschen “die Welt verändern”

aus der Serie Weingut im Winter

Im Winter mal so richtig ausspannen? Fehlanzeige. Für Winzerinnen und Winzer gibt es auch im Winter genug zu tun. Aber alles geht gemächlicher zu und her. Dafür ist Fabia Knechtle Glogger vom Bio-Weinbau Knechtle Glogger sehr dankbar. In der Serie “Weingut im Winter” geben die Thaler Winzer*innen einen Einblick in ihren Berufsalltag und die damit verbundenen Freuden oder Hürden.

Ladies first!

Wir starten mit Frauenpower aus dem Thaler Rebberg. Fabia Knechtle Glogger vom Bio-Weingut Knechtle Glogger erzählt uns von ihren pilzwiderstandsfähigen Traubensorten, die eine unschlagbare Ökobilanz aufweisen und ihrem Wunsch, immer mehr Menschen zu bewegen, ökologische Kaufentscheide zu treffen. Ihre Weine wurden am Internationalen Bioweinpreis sowie auch am Internationalen PIWI-Weinpreis mehrfach ausgezeichnet.

Liebe Fabia, als einzige Winzerin am Thaler Rebberg möchten wir zuerst dir das Wort geben. Wie sieht dein Winter aus?

Die Kelterung der Weine erfolgt hauptsächlich im Winter. Nach dem Wimmet haben wir im Keller noch einige intensive Wochen vor uns, die aber ruhig und längst nicht mehr so stressig sind wie der Herbst. Die Rotweine auf der Maische werden von Morgens bis Abends begleitet. Alle paar Stunden wird die Maische gestösselt, um Aroma und Farbstoffe aus den Trauben herauszulösen. Sehr wichtig ist auch die Kontrolle der Gärung mit regelmässigen Messungen der Temperatur und des Restzuckergehalts sowie die degustatorische Kontrolle. Im Weinkeller erfolgen dann bis in den Dezember hinein Arbeiten wie der Abzug der Grobhefe und die Überwachung der zweiten Gärung (biologischer Säureabbau, kurz BSA genannt). Den ganzen Winter hindurch gibt es immer wieder einzelne «Kellertage», z.B. für den Umzug oder die Filtration der Weine. Kellertage planen wir oft an Tagen ein, an denen das Wetter zu nass oder zu kalt ist für Arbeiten in den Reben. Im Dezember führen wir ausserdem Degustations- und Verkaufstage durch. Es wird auch viel über den Webshop bestellt – es müssen also Bestellungen verpackt und Pakete verschickt werden.

Im Rebberg ist die Hauptarbeit im Winter das Schneiden der Reben. Man legt mit dem Schnitt bereits die Grundlage für den Ertrag des kommenden Weinjahres und fällt Entscheide zur optimalen Förderung jedes einzelnen Rebstockes. Es ist eine sehr schöne, ruhige Arbeit, da die Vegetation schlummert und man nicht das Gefühl hat, am «hinterherrennen» zu sein, wie das im Sommer oft der Fall ist. Die Arbeit hat etwas Meditatives. An sonnigen Tagen ohne Nebel wird es am Buechberg bereits im Februar/ März herrlich warm, das ist ein wunderbares Arbeiten. Im Winter muss auch das ganze Drahtgerüst in Stand gestellt werden. Morsche Pfähle werden ersetzt, lahme Drähte gespannt, Sturmschäden repariert und Reben ausgerissen, die im Frühling durch neue ersetzt werden sollen. Auch Umgebungsarbeiten wie der Rückschnitt von Heckensträuchern und Bäumen oder das Ausbessern von Fahrgassen für die bessere Befahrbarkeit mit den Maschinen werden im Winter erledigt. Und ebenfalls wichtig: Im Winter finden oft auch Weiterbildungen und Fachtagungen für Winzer statt und man schmiedet Pläne, was man im kommenden Sommer alles ausprobieren, anders, besser machen möchte…. Zeit also, für die Weiterentwicklung und Planung der Umsetzung von guten Ideen.

Welche Jahreszeit ist für dich die Schönste?
Diese Frage wird mir oft gestellt und ich kann sie nicht wirklich beantworten. Jede Jahreszeit hat sehr schöne Eigenschaften. Viele würden ja gerne auf den Winter verzichten – aber ganz ehrlich: ich bin wahnsinnig dankbar für den Winter, der uns eine Pause ermöglicht und bange jeweils gar nicht so auf den Frühling, denn dieser kommt früh genug. 😊

Da ich aber ein Fan von allem was kreucht und fleucht bin, gefallen mir Frühling und Sommer doch am allerbesten. Die ersten blühenden Blumen im Jahr, die erste Eidechse, die ihr Winterquartier verlassen hat, die ersten Schmetterlinge, der Gesang der Brutvögel, die am Buechberg Einzug halten. Eine bange Zeit im Frühling ist aber immer, bis die Spätfrostgefahr vorüber ist und wir wissen, dass die zarten Triebe der Reben keinen Schaden genommen haben und gesund und kräftig wachsen.

Was liebst du an deinem Beruf am meisten?
Ganz klar: die Arbeit draussen an einem landschaftlich wunderschönen Ort. Und die Herstellung eines eigenen Produkts von A-Z bei gleichzeitig sehr hohem Anspruch, die Biodiversität auf unseren Flächen zu fördern und immer noch bessere Lebensräume für Flora und Fauna zu schaffen.

Was sind deine grössten Herausforderungen?
1. Im Herbst perfekte Trauben lesen zu können 🙂

2. Aufklärungsarbeit leisten bei der «breiten Bevölkerung», wie wichtig die Weiterverbreitung des biologischen Landbaus ist und insbesondere die PIWIs, also die pilzwiderstandsfähigen Traubensorten mit ihrer unschlagbaren Ökobilanz bekannter zu machen. Ich möchte die Menschen dazu bringen, dass sie mit ihren Kaufentscheiden «die Welt verändern». Dafür setze ich mich als Winzerin ebenso ein wie als Umweltingenieurin in meinem Ökobüro.

3. Bei der vielen Arbeit im Sommer und Herbst oder bei Wetterkapriolen mich nicht zu fest stressen zu lassen. Die Gelassenheit älterer Winzer muss ich mir wohl noch in jahrelanger Arbeit aneignen 🙂

Ich möchte die Menschen dazu bringen, dass sie mit ihren Kaufentscheiden «die Welt zu verändern». Dafür setze ich mich als Winzerin ebenso ein wie als Umweltingenieurin in meinem Ökobüro.

Hast du Zeit für Urlaub? Wann?
Sehr wenig. Im Winter liegen zwischendurch einige Tage wie z.B. ein verlängertes Wochenende drin. Theoretisch auch im Frühling kurz vor dem Austrieb. Das habe ich bisher noch nie geschafft, mir aber für die Zukunft fest vorgenommen. Und im August, wenn die Vogelnetze gespannt sind und die Trauben am reifen sind, ist manchmal auch ein kurzer Urlaub möglich.

Danke liebe Fabia für den spannenden Einblick in dein Leben als Winzerin und Umweltingenieurin.

Nächste Woche ist die Reihe an Roman Rutishauser vom Weingut am Steinig Tisch. Seine Weine wurden mehrfach ausgezeichnet und er gehört zu den besten Weingüter der Schweiz.

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