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Und plötzlich hatte ich Bernhard Russi am Telefon…

Christof Sonderegger ist Profi-Fotograf und seit fünf Jahren im Ruhestand, wobei er sich lieber Rentenempfänger nennt. Denn die Ruhe fehlt ihm im Moment noch. Obwohl er es nach einer Knieoperation wohl besser etwas ruhiger nehmen sollte. Er erzählt in Vorträgen über seine Fotoreisen und Expeditionen und ist auch privat immer mit seiner Kamera unterwegs.

Wir unterhalten uns in seinem Einfamilienhaus in Thal über seine aktive und nun etwas ruhigere Fotografenzeit.

Ruhestand = Langeweile?
Langeweile gibt es beim fast 2 Meter grossen Thaler nicht. Denn er wird trotz seiner 70 Jahre regelmässig für Aufträge gebucht. Und nebenbei für Babysitterdienst bei seinen in der ganzen Schweiz verstreuten Enkeln gebraucht. Seine Erlebnisse «Zu Fuss vom Bodensee zum Lac Léman» verpackte er in eine Multimedia-Show, für die er Fotos, Text und Musik arrangierte und an öffentlichen Anlässen live präsentiert. Wer bei der 70-minütigen Show dabei sein möchte, hier die nächsten öffentlichen Seniorennachmittage:
30. Januar 2024 im evangelischen Kirchgemeindehaus Thal
21. März 2024 im evang. Pfarreisaal in St. Margrethen

Grizzlybären, Bernhard Russi und der FC St. Gallen
Wenn Sonderegger auf seine über 50-jährige Fotografenlaufbahn zurückblickt, kommen ihm ein paar unvergessliche Erlebnisse in den Sinn. Und diese Geschichten erzählt er so lebhaft, dass man sich mittendrin wiederfindet.

«In Alaska geriet ich in Bedrängnis, als ein Grizzlybär gemächlich auf dem Weg zum Lachsfang gemütlich auf mich zustapfte. Naiv wie ich war, drückte ich gefühlte 1000-mal auf den Auslöser. Zum Glück mochte der Bär lieber Fisch als Fleisch.»

Das Bild schoss eine chinesische Fotografin, die die Szene per Zufall beobachtete.

«In meiner Lehrzeit in den 70er Jahren fotografierte ich auch Skirennen. So auch Bernhard Russi im Zielraum in St. Moritz. Ich schickte ihm dieses Bild nach Andermatt. Prompt rief mich der Superstar zu Hause an und bestellte Poster davon. Im Dankesschreiben erwähnte er, es sei bestimmt das beste Bild, das er je von sich gesehen habe. Die Bezahlung von 66 Franken war da Nebensache.»

«Nicht als Fotograf, sondern als normaler Fan war ich 1985 beim berüchtigten Spiel des FC St. Gallen gegen Xamax dabei, als der Schiedsrichter Walter Nussbaumer die Rage über seine «ungerechten» Pfiffe von den St.Galler Fans zu spüren bekam. Er wurde unter Polizeischutz abgeführt und danach mit dem Helikopter aus dem Stadion geflogen. Alle Agenturfotografen waren bereits zur Pause gegangen und ich schoss mit meiner Spiegelreflex-Kamera dieses Bild, das durch die Welt ging.»

Der Wandel der Fotografie
Heute wäre Sonderegger nicht mehr der Held der Stunde, denn das Stadion wäre voll von Handys, die diese Bilder in Sekundenschnelle auf den Social-Media-Kanälen verbreiten würden. Sonderegger ist froh: «Ich habe eine gute Zeit für meine Fotografenlaufbahn erwischt. Ich weiss nicht, ob ich heute einem jungen Menschen empfehlen würde, Fotograf zu werden. Die Welt ist voll von Amateurfotografen, die gute Bilder machen und Influencer mit tausenden von Followers, die für Werbekampagnen gebucht werden. Der Bildpreis fiel dadurch buchstäblich in den Keller.»

Sujets vor der Haustüre
Sonderegger geht auch privat immer mit Kamera oder Handy aus dem Haus. Am liebsten fotografiert er Tiere in der Natur. Ob das vor seiner Haustüre passiert oder in der freien Natur, ist ihm egal. Kürzlich machte er das überraschendste Foto, das er je gemacht hatte und bekam einen Artikel im Tagblatt. «Eigentlich war ich unterwegs am Alten Rhein, um Fotos von Bibern zu machen. Dann tauchte plötzlich dieser Fuchs auf.» Zeit, um Blende und Belichtungszeit anzupassen, hatte er keine. Er fotografierte einfach drauflos. Die einzelnen Fotos vom Fuchs, der von Pfosten zu Pfosten sprang, setzte er zusammen. Ein Hammerbild entstand.